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[Autoren-Interview] Akram El-Bahay über Kinderbücher, Traumdiebe und eine Bücherstadt

Hallo Ihr Lieben,

 

 

als ich im März auf der Leipziger Buchmesse war, traf ich mich (wie schon im Jahr zuvor) mit dem Autor Akram El-Bahay. Ich unterhalte mich immer gern mit ihm, denn er ist ein sehr angenehmer Gesprächs- und Interviewpartner. Was ich von ihm wissen wollte, und was bei ihm in nächster Zeit ansteht, könnt ihr jetzt nachlesen:

 

 

Nach deiner Fantasy Trilogie Flammenwüste hast du jetzt dein erstes Kinderbuch herausgebracht. Warum ein Kinderbuch?

 

Weil eigentlich die Zielgruppe ganz egal ist. Egal ob es fantastische Literatur für Erwachsene, Jugendliche oder Kinder ist, es geht ja immer um die Geschichte. Und da war eher die Frage, kann ich daraus Stoff für Erwachsene machen? Aber da ist mir nicht so eine gute Idee eingefallen, wie ich das Traumthema in den Erwachsenenbereich übernehmen kann und dann hat es sich einfach ergeben, dass es eher eine märchenhaftere Jugend- bis Kindergeschichte wird. Aber letztlich unterscheidet sich das von der Komplexität nicht zu den Erwachsenengeschichten, sondern nur von der Erzählsprache.

 

 

Ist es denn schwierig, die Erzählsprache zu wechseln, wenn du jahrelang für Erwachsene geschrieben hast?

 

Für Kinder ist es doch einfacher zu schreiben, weil da bin ich dann irgendwie mehr im Fluss. Bei Erwachsenengeschichten muss ich viel überlegen, wie das mit Dingen wie zum Beispiel ich muss darauf achten, dass die Mondphasen stimmen, dass die Tage stimmen, dass die Wegentfernungen stimmen. Und auch wenn sich Kinder natürlich nicht an der Nase herumführen lassen, aber sie fordern das nicht so ein. Ihnen geht es mehr um die Geschichte selbst, um die Personen usw.

 

 

Da kann dann auch schon mal ein kleiner Logikfehler drin sein und die Kinder merken das nicht so?

 

Ja, also sagen wir mal so: vielleicht käme man damit durch, aber das darf nicht passieren. Obwohl, ein Bekannter von mir hat einen Sohn, der auch die Erwachsenenromane gelesen hat, der ist 10 und der hat mir sehr schlaue Fragen gestellt. Da bin ich auch ein bisschen ins Schwitzen gekommen.

 

 

Groß und Klein lauscht gebannt Henriettes Geschichte
Liest du deinen Kindern viel vor?

 

Ja, gelegentlich lese ich ihnen auch vor. Also meinem jüngsten Sohn zum Einschlafen abends. Aber sie selber lesen wiederum von mir nichts. Von anderen Autoren sehr gerne. Ich bin auch wieder beauftragt worden, mit Büchern, die ich dann mitbringen darf. Gregs Tagebuch wird gerne gelesen zum Beispiel. Aber meine Sachen…das finden sie seltsam.

 

 

Nur weil der Papa das geschrieben hat?

 

Genau ja.

 

 

Denkst du dir dann auch mal Geschichten aus oder hast du das früher mal gemacht?

 

Früher habe ich das gemacht. Aber mittlerweile nutze ich meine Kinder als Arbeitskraft aus, das heißt sie dürfen sich in meinen Geschichten immer Namen ausdenken. Also in jedem Buch, was ich bisher gemacht habe, hat sich eines meiner Kinder einen Namen ausgedacht. Und teilweise auch von den ganz großen Hauptcharakteren.

 

 

Das ist cool. Da haben sie später vielleicht einen anderen Bezug zu, wenn sie es später irgendwann lesen.

 

Ja, wenn sie es irgendwann lesen hoffentlich, dann stimmt das.

 

 

Konzentriert bei der Lesung
In Henriette und der Traumdieb geht es, wie der Titel schon sagt, um Träume. Wie bist du auf dieses Thema gekommen? Träumst du selbst viel und kannst dich nach dem Aufwachen auch noch an deine Träume erinnern?

 

Ich finde es immer schön, wenn es in einem Buch die Möglichkeit gibt, in eine andere Welt zu wechseln. Das ist immer ein gutes Mittel, wenn man einen Weg findet, aus der Realität in so eine Art fantastische Welt überzugehen, wie zum Beispiel in Cornelia Funkes „Tintenherz“, da gibt es die Tintenwelt oder Phantásien in der „Unendlichen Geschichte“. Diesen Kontrast zwischen realer Welt und Fantasiewelt finde ich immer sehr reizvoll. Und die Träume sind dann eben ein sehr geschickter Weg, um das zu gestalten. Zumal du beides gut verknüpfen kannst. Was du in der echten Welt sieht, davon träumst du und was du träumst, kann dich in der echten Welt dann noch beschäftigen. Daher kam dann die Idee mit den Träumen.

 

 

Dann hat es gar nicht so viel mit eigenen Träumen zu tun?

 

Also ich bin ein furchtbarer Träumer. Ich habe manchmal das Gefühl, ich träume wochenlang gar nichts und das war dann auch so eine Idee, wie ich zu dieser Traumdiebgeschichte gekommen bin. Warum träumst du eigentlich nicht und kann man Träume auch stehlen?

 

 

Henriette trifft in ihren Träumen auf viele verschiedene Charaktere. Wie bist zu zum Beispiel auf den Hauptmann Prolapsus gekommen, der ist nämlich meine Lieblingsfigur?

 

Der setzt sich zum Beispiel aus zwei Punkten zusammen: Prolapsus heißt Bandscheibenvorfall…

 

 

Ach, das hätte ich eigentlich wissen müssen, hatte ich nämlich mal.

 

Ich nämlich auch und ich hatte mal eine Figur aus einem Walt Disney Film...ein Ritter mit einem feuerroten Schnurrbart. Ich glaube, das war aus „Die Hexe und der Zauberer“. Und den fand ich immer ganz drollig und den hatte ich ein bisschen im Kopf, als ich die Figur geschrieben habe. Und ich musste jemanden mit einem Hexenschuss da reinbringen. Naja, ein Ritter, der reitet ja normalerweise und wie wär’s denn, wenn er selbst sein Pony tragen müsste. Aber zum Schluss der Geschichte darf er dann ja selber reiten.

 

 

Dürfen wir auf weitere Bücher für die jüngere Zielgruppe hoffen?

 

Klar, wenn mir etwas einfällt auf jeden Fall. Es wird auch definitiv was kommen. Ein Projekt im kommende Jahr und bis dahin mach ich erstmal mein Erwachsenenbuch.

 

 

Im August erscheint bei Lübbe der Auftakt deiner neuen Trilogie Die Bibliothek der flüsternden Schatten – Bücherstadt. Erzähl doch mal ein bisschen, worum es in der neuen Reihe gehen wird.

 

Die Idee kam tatsächlich aus der „Flammenwüste“. Da gibt es ja diese Bibliothek der ungeschriebenen Bücher und meine Lektorin meinte, mach doch mal was aus der Bibliothek. Und ich finde ja auch Bücher über Bücher schön. Da gibt es ja auch tolle große Vorbilder. „Tintenherz“ ist ja so ein Bücherbuch oder auch die „Unendliche Geschichte“. Das ist ein Thema was wahnsinnig viel bietet. Und dann haben wir uns überlegt, ne Geschichte zu machen über eine Stadt, die heißt Mythia und unter dieser Stadt gibt es eine Bibliotheksstadt. Paramythia. Paramythia ist griechisch und heißt Märchen. Das ist die riesige Bibliothek des Weißen Königs, der in Mythia herrscht. Und der Protagonist der Geschichte heißt Sam, Samir eigentlich. Natürlich ein Orientcharakter. Der wird als Wächter eingeteilt. Er ist eigentlich ein Dieb, der die Seiten wechseln möchte. Der wird zu diesem wahnsinnig langen Bibliotheksdienst eingeteilt. Dann wird er aber Zeuge wie Fabelwesen einen Ausweg aus der Bibliotheksstadt suchen und er macht sich dann auf den Hintergrund zu ergründen und kommt dann einer riesigen Verschwörung auf die Spur. Es gibt in der Geschichte ganz eigen ausgedachte fantastische Wesen, Frauen mit Flügeln, Asfura, was ein arabischer Name ist. Und es gibt eben diesen Dieb und eine Wüstenhexe. Also es gibt viel Orient da drin.

 

Man muss sich diese Welt ungefähr vorstellen wie… sagen wir mal Barcelona so ein bisschen das Vorbild. Weil es eine Stadt ist, die ein bisschen zwischen der europäischen und der arabischen Welt liegt.

 

 

Auszug Herbstvorschau Lübbe
Klingt sehr spannend. Ist es wieder auf drei Bände ausgelegt?

 

Ja, und diesmal gibt es tatsächlich schon die Cover der anderen Bände. Und alle drei Bände ergeben, wenn man sie aneinanderlegt so ein großes Bild.

 

Die heißen dann „Bücherstadt“, „Bücherkönig“ und Bücherkrieg“. Alle drei Geschichten sind auch schon in meinem Kopf sozusagen. Geschrieben ist aber nur Band eins, der ist auch gerade in den Druck gegangen. Ende August kommt das Buch raus. Bis dahin stehen noch einige Henriette-Lesungen an.

 

 

Dann hast du bis August ja noch ein straffes Programm, oder?

 

Ja, und ab August geht es dann sozusagen in die Bücherstadt. Jeder Autor liebt ja Bücher, genauso wie jeder Buchblogger Bücher liebt und sich mit dem Thema zu beschäftigen, das macht schon Spaß.

 

 

Kommen die Bücher dann wieder jeweils im Abstand von einem Jahr? Also 2018 das nächste und 2019 das letzte?

 

Genau. Also ich würde jetzt nach der Abgabe einmal kurz durchatmen und dann meine Notizen sammeln mit den Anschlusspunkten, was muss in Band 2 alles aufgegriffen werden, und aufgelöst oder weitergeführt und dann beginnt der erste Entwurf für „Bücherkönig“. Den schreibe ich dann so bis Jahresende.

 

 

Nachdem du nun für große und kleine Leser geschrieben hast, hast du selbst eine Vorliebe?

 

Das einzige was ich sagen kann, dass es für beide total schön ist. Aber für den Erwachsenenroman brauchst du schon nochmal ‘ne straffere Organisation, weil du wirklich eine Tabelle führen musst – wer befindet sich wann wo, geht wohin, wie lange bewegt er sich dahin – klar kannst du beim Lesen mal über solche Ungenauigkeiten hinweglesen, mir fallen viele Sachen bei anderen Autoren zum Beispiel gar nicht auf, aber wenn du dann als Leser an sowas hängenbleibst, dann beschäftigt dich das seitenlang und du kommst nicht mehr in die Geschichte rein und du denkst so „das geht doch jetzt so gar nicht“. Da muss man schon höllisch aufpassen und bei so einem Kinder- oder Jugendbuch da setzt du den Fokus ein bisschen anders. Da brauchst du nicht unbedingt so komplexen Bau dahinter. Da geht es eher um die Emotionen und die charakterlichen Eigenschaften. Deshalb ist das andere etwas tougher.

 

 

Wie ist denn das Feedback? Das ist ja bestimmt auch unterschiedlich. Wenn du zum Beispiel eine Lesung hast... weil Kinder ja ganz anders reagieren.


Total. Kinder sind viel neugieriger als Erwachsene und stellen auch die wahnsinnigsten Fragen. Also wenn ich eine „Flammenwüste“-Lesung habe, fragen die in der Regel „Wie sind Sie auf die Idee gekommen?“ oder „Was hat Sie dazu inspiriert?“. Die fragen sehr detailliert und Kinder fragen eher „Wie alt bist du?“, „Wie viele Kinder hat du?“, „Wie lange schreibst du an einem Buch?“, „Was verdienst du damit eigentlich?“. Und auch „Hast du ein Haustier?“ dann sag ich „Ja, mit 10 hatte ich mal einen Wellensittich und dann kommen wieder tausende Frage und irgendwann „Und wie hieß der Wellensittich?“. Die fragen alles und sehr viel. Man sieht den Kindern auch gleich an, was sie so denken. Erwachsene haben eher ein Pokerface. Und ich frag mich dann, okay finden die das jetzt gut oder hast du sie grad abgehangen? Aber in der Regel ist das Feedback immer positiv. Bei Lesungen für Kinder musst du schon drauf achten, dass du die anders gestaltest, weil die sich dann nach 15 Minuten doch schon mal bewegen wollen und selber was sagen wollen. Bei Erwachsenen kann man schmerzfreier 40 Minuten durchlesen.

Ich bedanke mich recht herzlich bei Akram, dass er sich erneut für mich Zeit genommen hat. Danke dir!
Und euch danke ich fürs Lesen. Ich hoffe, das Interview hat euch gefallen und ihr seid neugierig auf die neue Fantasy-Reihe geworden....oder Henriette...oder alles! Über Feedback würde ich mich sehr freuen! 😎

 

 


Dieses Interview wurde ursprünglich am 01.06.2017 auf meinem alten Blog www.muffins-light-side.blogspot.de veröffentlicht.

 

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